Dr. Tobias Spies, Fondsmanager Lloyd Fonds - Special Yield Opportunities mit Tim Habicht, Geschäftsführer Fundview anlässlich des 3-jährigen Fondsjubiläums
Keine Angst vor der Zins-Wende: Performance mit Anleihe-Sondersituationen
Dr. Tobias Spies verwaltet seit Jahren erfolgreich Anleihe-Fonds. Seit 2019 ist er für den Lloyd Fonds-Sustainable Yield Opportunities verantwortlich. Der möglichen Zins-Wende sieht Spies gelassen entgegen, denn er selbst hat grundsätzlich kein Zins-Risiko im Portfolio und selektiert seine Anleihen nach einem Bottom-up-Ansatz. Wie er in den vergangenen Monaten sein Portfolio für die Zukunft aufgestellt hat, in welchen Nischen er ein Mispricing ausfindig macht und wieso er seit dem vergangenen Jahr seine Strategie um eine nachhaltige Analyse ergänzt hat, erklärt er im Gespräch mit Tim Habicht von Fundview.
Im aktuellen Marktumfeld ist es wahrlich nicht leicht, einen Anleihe-Fonds zu verwalten. Die Inflation ist anhaltend hoch und setzt die weltweiten Notenbanken unter Druck, die Zinsen anzuheben. Das Zins-Tempo wird dabei von der US-amerikanischen Notenbank Fed vorgegeben. Mitte März dieses Jahres erhöhte die Fed erstmals seit 2018 den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent - nach bislang null bis 0,25 Prozent. Es ist der erste Zins-Schritt von voraussichtlich vielen in diesem Jahr – und stellt Anleihe-Manager vor echte Herausforderungen.
Auch für Portfoliomanager Tobias Spies ist das aktuelle Umfeld durchaus eine Herausforderung, der er sich bewusst ist. Schließlich managt Spies schon seit über 13 Jahren erfolgreich Anleihe-Fonds, die dieselbe Strategie verfolgen. Seit April 2019 ist er für den Lloyd Fonds - Sustainable Yield Opportunities verantwortlich und positioniert diesen weitestgehend unabhängig von einem möglichen Zins-Risiko. Spies sagt: „Ich will keine Zinsänderungs-Risiken im Portfolio haben. Denn den Zins kann ich ebenso wenig wie die Entwicklung einer Währung prognostizieren. Deswegen sichern wir alle Währungen komplett in Euro ab. Auf der Zins-Seite wollen wir hingegen nicht mit einer aktiven Durations-Steuerung Alpha erzielen. Unsere Performance wird durch das Eigenleben beziehungsweise die jeweilige Sondersituation der selektierten Anleihen generiert.“
„Es ist elementar, Defaults zu vermeiden“
Wenn die Zinsen steigen, dann hat Spies in seinem Portfolio dazu keine Korrelation. Außer die Zins-Ängste werden so groß, dass der Markt aufgrund der Zinsentwicklung eine stark abflachende Konjunktur erwartet. „Kurzfristig können wir daraus resultierende Drawdowns 2 nicht vermeiden, aber diese Drawdowns und Schwankungen sind dann nur kurzfristig“, sagt Spies, dessen Chance-Risiko-Profil seit 2009 besteht und nicht wie bei anderen Anleihe-Fonds nach oben geschoben wurde, um auf der Jagd nach Rendite fündig zu werden.
Denn viele andere Investoren sind aufgrund des aktuellen Marktumfeldes vor allem im Anleihe-Bereich die Risikoleiter immer weiter nach oben geklettert und befinden sich teilweise in Bereichen und Assetklassen, in die sie früher nicht investiert haben – und möglicherweise auch nicht ausreichend Expertise vorweisen. „Das ist vor allem für institutionelle Investoren kritisch, die ein Risikobudget haben und in gewissen Leitplanken investieren müssen. Diese Leitplanken werden teilweise schon jährlich aufgeweicht. Aber das Chance-Risiko-Profil ist dann schon komplett anders“, sagt Spies und fügt hinzu: „Wir wollen hingegen die Rendite-Erwartung, die wir uns einkaufen, auch nach Hause fahren. Deswegen ist es für uns elementar, entsprechende Defaults zu vermeiden.“
Mispricing in Nischen ausfindig machen
Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Spies einen Buy-and-Hold-Ansatz fährt und die Anleihen, die einmal im Portfolio sind, auch bis zur Fälligkeit gehalten werden? Spies antwortet: „Nein, überhaupt nicht! Wir suchen in einem fokussierten Portfolio von 40 bis 50 Anleihen mit einem Bottom-up-Ansatz einzelne Opportunitäten am Rentenmarkt. Häufig werden wir bei Anleihen fündig, deren Kurs zurückgegangen ist, weil der Gesamtmarkt im Risk-off-Modus ist oder eine entsprechende Sondersituation bei den jeweiligen Unternehmen vorliegt.“ Generell sieht Spies den Rentenmarkt als sehr effizient an. Aber in gewissen Nischen findet er große Ineffizienzen. „Wir kaufen Anleihen, bei denen der Kurs gesunken ist und verkaufen diese, wenn der von uns ermittelte faire Bereich erreicht oder übertroffen wurde. Insofern sind wir sehr aktiv und drehen das Portfolio mindestens zweimal im Jahr. Wir wollen in Bewegung und flexibel bleiben“, sagt Spies.
Wenn keine passenden Opportunitäten gefunden werden, hält Spies auch zwischenzeitlich eine Kasseposition, die auch teilweise bis zu 30 Prozent groß sein kann. Um diesen aktiven und flexiblen Ansatz zu fahren, gibt es für Spies so gut wie keine Restriktionen. Überwiegend wird er aber in der DACH-Region beziehungsweise generell in Europa fündig. „Dort kennen wir die meisten Emittenten und haben das größte Netzwerk und den besten Zugang. Umso höher die Komplexität einer Anleihe ist, umso höher ist auch die Chance, dass es bei dieser Anleihe zu einem Mispricing kommt. Deswegen haben wir als großen Portfoliotreiber immer Nachranganleihen allokiert, die mindestens 50 Prozent des Portfolios ausmachen“, sagt Spies. Hochzinsanleihen sind zudem eine attraktive Beimischung des Portfolios, die maximal 25 bis 30 Prozent ausmachen. „Hier finden wir auch immer wieder Kandidaten, die zu wenig Beachtung und Analysten-Coverage finden. Deswegen finden im Hochzinsbereich Verwerfungen statt und selektiv ist das Risiko in diesem Bereich adäquat gepreist. Sehr selten allokieren wir Wandelanleihen; und auch nur dann, wenn diese einen reinen Anleihe-Charakter haben“, gibt Spies einen Einblick in das Portfolio, das in den vergangenen Wochen und Monaten für die Zukunft ausgerichtet wurde.
Neu: Nachhaltige Analyse als Risikomanagement
Denn: „Wir haben schon nach Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 gesehen, dass die Spreads auseinandergegangen sind und attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten. Selbiges in den vergangenen Monaten, als die anhaltend hohe Inflation Zins-Ängste ausgelöst hat und sich dadurch Chancen ergeben haben“, sagt Spies und fügt hinzu: „Und jetzt natürlich auch im Rahmen des Kriegs in der Ukraine. Viele Anleger agieren dann oftmals irrational und dadurch entstehen dann wieder Opportunitäten für uns. In diesem Umfeld können wir uns für die kommenden eineinhalb bis zwei Jahren überdurchschnittlich hohes Rendite-Potenzial einkaufen. Jetzt ist ein sehr guter Moment, das Portfolio für die nähere Zukunft auszurichten.“
Für die Zukunft steht auch die Nachhaltigkeit im Fokus von Spies. Das ist seit Ende Juni des vergangenen Jahres neu in seiner Strategie, die er seit 2009 verwaltet und inzwischen ein wichtiges Element geworden; und zwar nicht, weil es derzeit en vogue ist. „Ich habe in der Analyse festgestellt, dass die Nachhaltigkeit ein wichtiger zusätzlicher Punkt für das Risikomanagement ist. Beispielsweise analysieren wir die Unternehmen auf mögliche und vorhandene Kontroversen bei den Aspekten E, S und G. Wenn hier eine negative Berichterstattung auftaucht, kann das so weit führen, dass der Reputationsschaden des Unternehmens auch konkrete Auswirkungen auf das Geschäftsmodell hat. Beispielsweise durch den Verlust von entsprechenden Lizenzen oder dass schlicht und einfach dem Unternehmen die Kunden weglaufen“, erklärt Spies die nachhaltige Integration. Das müsse frühzeitig in der Analyse der Emittenten erkannt und in das Risikomanagement einbezogen werden. „Dadurch identifizieren wir frühzeitig Emittenten, die aufgrund der nachhaltigen Analyse gewisse Risiken bergen. Außerdem geraten Unternehmen oder sogar ganze Branchen aufgrund des Trends hin zur Nachhaltigkeit unter Druck“, sagt Spies. Genau diese Unternehmen gelte es zu vermeiden.